Sexualität von Menschen mit Behinderungen und alten Menschen ist immer noch ein Tabuthema, das negiert wird. Gleichzeitig sind sexuelle Grenzüberschreitungen in der Pflege alltäglich. Dieses Paradox gehen wir mit einem gesamtheitlichen Konzept an. Hierfür wurden spezielle Workshops zur Sensibilisierung des Pflege- und Betreuungspersonals entwickelt. Zusätzlich ermöglicht die (Peer-)Ausbildung zur Sexualbegleitung/Sexualassistenz legale und professionelle sexuelle Dienstleistungen für diese Zielgruppen. Zur Thematik gibt es noch große Wissens- und somit Bewusstseinslücken in der Öffentlichkeit.
Satt und sauber ist nicht genug
Projektträger: Volkshilfe Wien / Sophie Beratungszentrum
Verantwortliche*r: Mag.a Eva van Rahden
2021
Nominiert
AT
Zivilgesellschaft / Sozialwirtschaft
Diversität
Soziales, Gesundheit
Obwohl die WHO sexuelle Gesundheit für das Wohlbefinden aller Menschen als grundlegend einstuft, wird die Sexualität der Zielgruppen in weiten Teilen der Gesellschaft missachtet und tabuisiert. Gleichzeitig schafft die Tabuisierung der sexuellen Bedürfnisse der Zielgruppen großen Leidensdruck bei den Betroffenen und wirkt sich negativ auf deren Gesundheit aus. Die damit einhergehenden unbefriedigten Bedürfnisse, haben negative Auswirkungen auf Pflegekräfte, denn Grenzüberschreitungen sind alltäglich. Das Thema der sexuellen Übergriffe muss ernst genommen und besprechbar gemacht werden. In Zukunft ist mit einem wachsenden Bedarf an Pflegekräften zu rechnen. Daher ist es für die Arbeitgeber existentiell, gute Rahmenbedingungen zu bieten und ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen.
Sexualität von Menschen mit Behinderungen und alten Menschen ist immer noch ein Tabuthema, das negiert wird. Gleichzeitig sind sexuelle Grenzüberschreitungen in der Pflege alltäglich. Dieses Paradox gehen wir mit einem gesamtheitlichen Konzept an. Hierfür wurden spezielle Workshops zur Sensibilisierung des Pflege- und Betreuungspersonals entwickelt. Zusätzlich ermöglicht die (Peer-)Ausbildung zur Sexualbegleitung/Sexualassistenz legale und professionelle sexuelle Dienstleistungen für diese Zielgruppen. Zur Thematik gibt es noch große Wissens- und somit Bewusstseinslücken in der Öffentlichkeit.
In Workshops wird mit der Expertise und den Erfahrungen des Pflegepersonals gearbeitet und flexibel auf die schon erlebten Grenzüberschreitungen eingegangen um langfristig ein Bewusstsein und einen Austausch der Pflegekräfte untereinander zu erzielen. Im Lehrgang Sexualbegleitung/Sexualassistenz werden mehrere Module von einer Sexarbeiterin entwickelt und geleitet. Laut WHO ist die sexuelle Gesundheit untrennbar mit der Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden. Die Anerkennung der Bedürfnisse der Zielgruppen führt zu einer verbesserten physischen und psychischen Gesundheit. Die Professionalisierung der Pflege und Sexarbeit wiederum, führen zu einer höheren gesellschaftlichen Wertschätzung der Tätigkeiten.
Grundsätzlich ist die Thematik zukunftsweisend für den Umgang mit diesen Zielgruppen bzw. mit Mitarbeiter*innen in der Pflege. Das Bewusstsein für Grenzüberschreitungen ist aber auch in allen anderen betrieblichen Kontexten von großer Bedeutung, da Arbeitgeber*innen wegen vernachlässigter Fürsorgepflicht zur Verantwortung gezogen werden können. Der Lehrgang Sexualbegleitung/Sexualassistenz ist im Bereich der Professionalisierung von Sexarbeit einzigartig in Österreich, bringt neue Einkommensmöglichkeiten und trägt zur Endstigmatisierung von Sexarbeit bei.
Die Workshops wurden bisher in Wien durchgeführt. Aufgrund der hohen Nachfrage werden sie im Jahr 2021 auf das Burgenland und Niederösterreich erweitert. Grundsätzlich lassen sie sich auf alle Einrichtungen der Pflege in Österreich erweitern. Der Lehrgang ist für Sexarbeiter*innen aus allen Bundesländern zugänglich. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Schulungsort Wien, in Zukunft kann der Lehrgang auch in anderen Bundesländern angeboten werden.
© Fotos: Henderson & Kabajev